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„Ein Lernort für die Seelsorge“

SAPV Projektstelle
Datum:
Veröffentlicht: 5.12.13
Von:
Ku, Heinrichsblatt

Markus Starklauf und Gabriele Syben verstärken SAPV-Teams

Rund 90 Prozent aller Menschen wollen laut einer Umfrage zuhause im vertrauten Umfeld sterben. Die Realität: 70 bis 80 Prozent aller Menschen sterben in Pflegeeinrichtungen oder Kliniken. Wunsch und Wirklichkeit gehen also auseinander. Im April 2007 hat die Bundesregierung den Weg geöffnet für eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) schwerst kranker und sterbender Menschen, 2009 wurde ein entsprechendes Gesetz verabschiedet.

Rund 90 Prozent aller Menschen wollen laut einer Umfrage zuhause im vertrauten Umfeld sterben. Die Realität: 70 bis 80 Prozent aller Menschen sterben in Pflegeeinrichtungen oder Kliniken. Wunsch und Wirklichkeit gehen also auseinander. Im April 2007 hat die Bundesregierung den Weg geöffnet für eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) schwerst kranker und sterbender Menschen, 2009 wurde ein entsprechendes Gesetz verabschiedet.

 

Flächendeckend sollen in Deutschland SAPV-Teams entstehen, die Schwerstkranke und Sterbende mit besonders komplexer Symptomatik zuhause versorgen. Zum Palliative Care-Konzept der Teams gehört auch immer die seelsorgliche / spirituelle Begleitung dieser Patienten und deren Angehörigen. Die Seelsorge der SAPV soll dabei nicht nur den Patienten und Angehörigen dienen, sondern auch den haupt- und ehrenamtlichen Team-Mitarbeitern.

 

Angesichts dieser Entwicklung regte die AG Diakonische Pastoral der Deutschen Bischofskonferenz an, in jedem Bistum ein Projekt zur Seelsorge in SAPV durchzuführen und diese Projekte zwei Jahre lang wissenschaftlich zu begleiten und auszuwerten.

 

Im Erzbistum Bamberg gibt es zwei Projektstellen „Seelsorge in Spezialisierter ambulanter Palliativversorgung“ mit Sitz in Bamberg und Nürnberg, für die Konrad Göller als Diözesanbeauftragter für Hospizseelsorge sowie Pastoralreferent Markus Starklauf und Gemeindereferentin Gabriele Syben als SAPV-Teammitglieder verantwortlich sind. Träger und Kooperationspartner sind die Sozialstiftung Bamberg und die Caritas / Diakonie im Nürnberger Land.

 

Starklauf und Syben sind als seelsorgerliche Ansprechpartner in den SAPV-Teams bei den Teambesprechungen dabei. „Dabei geht es auch darum, in welcher Situation sich der jeweilige Patient befindet und ob eine Begleitung Sinn macht und von ihm oder den Angehörigen gewünscht wird“, so Starklauf im Gespräch mit dem Heinrichsblatt. Wichtig ist den beiden Seelsorgern Möglichkeiten der seelsorgerlichen und spirituellen Begleitung aufzuzeigen. „Und wir haben im Team eine gute Form gefunden, wie man sich von Patienten verabschieden kann, beispielsweise durch das Gebet“, so Gabriele Syben. Auch die Angebote für die engagierten Teammitglieder würden, so Starklauf, immer stärker geschätzt. So gebe es einmal im Monat im Bamberger Team eine vom Seelsorger gestaltete Auszeit innerhalb der Teambesprechung, die dem Totengedenken, der Stille und vor allem dem Austausch von Erfahrungen dient. Dabei erzählen sich Ärzte, Pflegepersonal und Seelsorger ihre Erlebnisse und eingeprägten Bilder, die sie mit den Verstorbenen verbinden.

 

Beide Seelsorger haben in den vergangenen Monaten ihre Arbeit in Pfarrkonferenzen vor Ort vorgestellt, um so diese spezielle Seelsorge mit der Seelsorge in den Seelsorgebereichen vernetzen zu können. Und sie machen eines deutlich: Die Betreuung durch SAPV-Teams und die damit verbundene seelsorgerische Betreuung ist nicht konfessionell gebunden.

 

Sowohl Starklauf als auch Gabriele Syben haben in den ersten Monaten ihrer Tätigkeit in den SAPV-Teams sehr gute Erfahrungen gemacht, haben erfahren, dass Patienten wie Angehörige und Ärzte dankbar sind für die Begleitung. „Wir haben einfach den Luxus, dass wir Zeit mitbringen können und, im Gegensatz zu den Ärzten nicht budgetiert sind“, konstatiert Gabriele Syben.

 

Ihrer beider Arbeit sei ein guter Dienst der Kirche in und an der Gesellschaft. Starklauf: „Diese diakonische Pastoral ist sinnvoll und notwendig an der Schnittstelle von Kirche und Gesellschaft. Als Kirche zeigen wir hier Flagge in einem genuinen Feld von Pastoral und machen selbst Menschen neugierig, die der Kirche kritisch gegenüber stehen oder sich gar von ihr abgewendet haben.“ Die Devise sei es, bedingungslos für diese Menschen in ihren oft schmerzlichen und schier ausweglosen

Situationen da zu sein, sie ernst zu nehmen und wertzuschätzen.

 

Für Konrad Göller als den Diözesanbeauftragten für Hospizseelsorge im Erzbistum Bamberg ist das SAPV-Projekt ein „Lernort für die Seelsorge“. Sterbende begleiten und Trauernde trösten ist eine genuin missionarische Aufgabe für die Kirchen, sowohl katholisch als auch evangelisch. Die SAPV-Seelsorger ermöglichen in der Projektphase oft leider gänzlich verloren gegangene Kontakt- und Berührungspunkte mit Schwerstkranken, Sterbenden und ihren Angehörigen zu Hause herzustellen. Möglichst viele Seelsorger sollen für diesen besonderen Dienst neu sensibilisiert und aufgrund der besonderen Herausforderungen qualifiziert werden.

 

Nach Göllers Worten müsse jetzt Überzeugungsarbeit geleistet und müssen Brücken geschlagen werden, damit nach der Erprobungsphase das Projektziel und ein koordiniertes Netzwerk aus Seelsorgern vor Ort im ambulanten Einsatzgebiet der SAPV-Teams erreicht wird. „Der Wunschtraum der meisten Menschen, zu Hause und in vertrauter Umgebung zu sterben, erfährt durch die ambulante Palliativpflege und Palliativmedizin neue Möglichkeiten der menschlichen Anteilnahme, für einen gelingenden Lebensabschied mit vertrauter seelsorglicher Begleitung“, blickt Göller nach vorne. Und er ist sich sicher: Bei einer solchen Betreuung würde auch der Wunsch nach aktiver Sterbehilfe abnehmen. Denn: „Je höher die menschliche Fürsorge und Anteilnahme ist, desto mehr Sinn, Wert und Würde erhält das Leben jedes sterbenden Menschen in den letzten Lebenstagen.“

 

Die Mitarbeiter der Projektstelle machen deutlich, dass zu Seelsorge und Tod ein Abschiednehmen mit bestimmten Ritualen gehört, Rituale, die durchaus auch individuell neu entdeckt werden können, um einen würdevollen Abschied zu ermöglichen. „Es ist wichtig, den Übergang zu gestalten und Formen und Wege zu finden“, so Gabriele Syben. Dazu kann auch die Reaktivierung der Krankensalbung als „Lebensstärkung im Sterben“ gehören.

 

Für Markus Starklauf und Gabriele Syben ist es wichtig, die Bedürfnisse von Schwerstkranken und deren Angehörigen zu erkennen und zu koordinieren. „Und wir würden uns freuen, wenn wir die katholischen und evangelischen Seelsorgerinnen und Seelsorger vor Ort ins Boot holen könnten“, sagt Starklauf.

 

Dabei hat ihn die Meinung eines katholischen Priesters besonders beeindruckt, der, von ihm auf eine sterbende Mutter im Einzugsgebiet seines Seelsorgebereichs angesprochen, antwortete: „Bitte sag mir auch weiterhin, wenn jemand in meinem Seelsorgebereich im Sterben liegt und sich seelsorgliche Begleitung wünscht. Deshalb bin ich Pfarrer geworden, das gehört doch zu meiner genuinen Aufgabe.“ Der Priester begleitete die Sterbende und ihre Familie, gestaltete die Beerdigung und blieb auch danach zur Nachsorge noch mit den Angehörigen und dem Team in Kontakt – für Starklauf der Idealfall einer vernetzten Seelsorge im Sinne von Patienten, Angehörigen und SAPV-Team. ku