Beruflich und persönlich wachsen können

Eine „Einzelkämpferin“, aber keineswegs alleine: Maria Haas ist in diesem Herbst die einzige Person im Erzbistum, die nach dem Studium der Religionspädagogik ihre Ausbildung zur Gemeindereferentin begonnen hat. In den kommenden zwei Jahren, in denen sie als sogenannte Gemeindeassistentin eingesetzt wird, gehen ihr viele Helfende und Mentoren zur Hand: allen voran Ausbildungsleiter Valentin Weller sowie die Hauptamtlichen im Seelsorgebereich Nürnberg-Mitte-Nord-West, zu dem die Pfarrei St. Michael/St. Ulrich gehört. Dort wird Maria Haas seelsorgerisch tätig sein.
Die 24-Jährige stammt aus Mitwitz bei Kronach, hat in den vergangenen vier Jahren Religionspädagogik an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt studiert. Sie ist schon in einer katholischen Familie großgeworden, zu Hause wurde vor dem Essen selbstverständlich gebetet, sonntags ging es in die Kirche. Gemeinsam mit ihrer Schwester war Maria Haas als Messsdienerin tätig, die beiden waren die einzigen vor Ort. Inzwischen ist unter anderem ihr kleiner Bruder hinzugekommen, der schon im zarten Alter von vier Jahren mit am Altar stand.
Zunächst Kinderpflegerin
Mit diesem kirchlichen Hintergrund war es für die junge Mitwitzerin bald klar, in welche Richtung es beruflich für sie gehen könnte: „Ich wollte schon immer etwas Soziales machen“, erzählt sie. Nach der Mittelschule absolvierte Maria Haas zunächst eine Ausbildung zur Kinderpflegerin, ehe sie das Fachabitur nachholte. Dies verbunden mit dem Gedanken, nicht nur mit Kindern arbeiten zu wollen, sondern mit allen Altersgruppen. Das Studium der Religionspädagogik mit dem Ziel, seelsorgerisch tätig zu werden, war logische Konsequenz ihrer beruflichen Überlegungen.
Nürnberg, ihre neue Heimat, bezeichet die 24-Jährige als ihren „Wunschort“. Schon im Praxissemester ihres Studiums hat sie in der Frankenmetropole Großstadtluft geschnuppert, in der Pfarrei St. Ludwig in der Südstadt. Nun wird Maria Haas im etwas gediegeneren Stadtteil St. Johannis tätig. „Ich hoffe auf ein gutes Reinkommen“, betont sie, „auf ein gutes Kennenlernen der Gemeinde.“ Nach der theoretischen Ausbildung im Studium steht nun die praktische Umsetzung an. Es gebe für sie noch viel zu lernen, „viele Bereiche des kirchlichen Lebens habe ich noch nicht mitbekommen“, sagt die neue Gemeindeassisentin.
Haas komme in dem Nürnberger Seelsorgebereich in ein Team, sagt Ausbildungsleiter Weller, in dem sie gut aufgehoben sei – und auch experimentieren könne, die Möglichkeit erhalte, „etwas Neues auszuprobieren“. Eine große Hilfe wird sein, dass in Lena Neidlein bereits eine versierte Gemeindereferentin vor Ort ist. Sie werde Maria Haas „Schritt für Schritt“ in die Tätigkeit einführen, sagt Weller. Haas selbst ist dankbar für die Möglichkeit, sich in ihrer seelsorgerischenTätigkeit an der erfahrenen Kollegin zu orientieren.
Für Valentin Weller ist es wichtig, dass die angehenden Gemeindereferenten im letzten Teil ihrer Ausbildung eigenverantwortlich arbeiten können, „dass sie wachsen können, sich entwickeln können: persönlich wie beruflich“. Der Beruf des Gemeindereferenten, der Gemeindereferentin bietet vielfältige Tätigkeitsmöglichkeiten. Bei Maria Haas sieht die Verteilung der Aufgaben in den kommenden zwei Jahren so aus: 50 Prozent ihrer Arbeitszeit wird sie in der Pfarreiseelsorge eingesetzt, 25 Prozent deckt der Schulunterricht ab. Die Gemeindeassistentin übernimmt in der Nürnberger Dr.-Theo-Schöller-Schule eine Grundschul- und eine Mittelschulklasse. Dazu kommen Ausbildungstage im religionspädagogischen Seminar, die sie gemeinsam mit den Pastoralassistenten und den Religionslehrern im Kirchendienst absolviert.
Das restliche Viertel ihres Dienstes besteht aus weiteren Ausbildungsbausteinen: Maria Haas wird unter anderem eine sogenannte Sozialraumanalyse zu schreiben haben und mehrere Kurse besuchen, unter anderem zum Thema Gesprächsführung oder zur Ökumene. Auch ein Kurs zur Prävention sexualisierter Gewalt ist dabei. Im ersten Halbjahr 2024 steht dann die zweite Dienstprüfung an. Geht alles gut, kann für die Religionspädagoin das kirchliche Berufleben endgültig beginnen.
Die Zahlen sind rückläufig
Die Gemeindeseelsorge, die Begleitung und Unterstützung der Gläubigen, zählt zu den Grundaufgaben der Kirche. Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil begann vor über einem halben Jahrhundert eine Entwicklung, mit seelsorgerischen Aufgaben nicht länger nur Priester zu betrauen, sondern auch Laien, Männer wie Frauen, als Diakone, Pastoralreferenten oder eben Gemeindereferenten. Doch die Attraktion des Berufs hat nach anfänglicher Euphorie nachgelassen; die Zahl der jungen Leute, die die Ausbildung beginnen und abschließen, ist seit geraumer Zeit rückläufig. „Voriges Jahr war es auch nur eine Person“, berichtet Valentin Weller, der die Ausbildungsleitung für Gemeindeassistenten und kirchliche Religionslehrer erst vor kurzem von Barbara Seiller übernommen hat. „Da könnten wir viel mehr gebrauchen. Der Personalmangel ist sehr groß.“ Längst vorbei die Zeiten, in denen alle freiwerdenden Stellen in kurzer Frist wieder besetzt werden können.
So ist der Beginn der Tätigkeit von Maria Haas auch ein Hoffnungszeichen für die Erzdiözese – dass die Berufe der Kirche eine Zukunft haben, allen Belastungen zum Trotz, gesellschaftlich wie innerkirchlich.
Artikel von Bernd Buchner - erschienen im Heinrichsblatt Nr. 40 vom 2. Oktober 2022
Näheres unter www.pastorales-personal.erzbistum.bamberg.de