Blickwinkel

Wenn das Schul- und Arbeitsjahr mit dem Monat Juli langsam zu Ende geht und die Sommerferien nahen, dann ist es für viele ein Grund zurück zu schauen, inne zu halten, auf das, was war und geworden ist. Nicht nur, wenn jemand die Dienststelle wechselt, lohnt ein Innehalten. Die Blickwinkel dabei können verschieden sein: mehr rückwärtsgewandt, mehr nach vorn gerichtet oder im Augenblick bleibend.
Gibt es dabei ein richtig oder falsch? Ist das eine besser als das andere?
Die einen schauen nicht gern zurück, sie richten lieber den Fokus auf das vor ihnen Liegende: nur raus aus dem Alltag und bloß etwas anderes sehen und hören. Nur weg von daheim. Kein Kirchturm mehr, keine Anforderungen etc., denn getrübt ist das Jahr vom Stress, den Belastungen, den Konflikten, dem Anstrengenden, dem Traurigen, dem Unerfüllbaren.
Die anderen schauen dankbar zurück, weil sie etwas bewegt haben, Menschen begleitet haben, weil sie einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren, weil sie mit ihren Worten und Taten etwas von der Botschaft Jesu leben konnten, weil es auf fruchtbaren Boden fiel. Dankbar für Gesten und Blicke, für die Wertschätzung, die andere ihnen entgegen gebracht haben. Wer so zurückschauen kann, ist reich beschenkt und nimmt dieses Gefühl mit in die freie Zeit und darüber.
Und wieder andere halten von einer Rückschau wenig, denn sie leben ganz im Augenblick, saugen das pralle Leben mit jeder Faser ihres Körpers auf, sind sich des Geschenkes Leben jeden Tag dankbar bewusst. Das Leben schwingt nun mal in die eine oder andere Richtung, „alles hat seine Zeit“, ist ihr Motto und sie sind ganz da für sich und andere. Sie schauen genau und wissen sich vermutlich getragen durch ein großes Vertrauen in DEN, der immer da ist.
So ist das Leben, es ist vielfach zu betrachten, die Blickwinkel oft verschieden und doch gilt es, nicht gegeneinander abzuwägen. Alles hat seinen Platz und ist weder richtig noch falsch. „Alles hat seine Stunde. Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit.“ (Koh 3,1ff)
Ich wünsche allen Kolleginnen und Kollegen, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen ehrlichen und dankbaren Blick auf das vergangene Dienstjahr. Einen Weit-Blick, der viele Facetten des Jahres beleuchtet und hoffentlich auch die vielen kleinen (oft ungesagten) „Dankeschön“ entdecken kann. Schön, wer mit Vorfreude auf die freie Zeit, sagen kann: „Ich bin dann mal weg“ und komme auch gern wieder mit neuer Kraft, mit neuem Elan, mit neuen Eindrücken und Blickwinkeln.
Andrea Hengstermann
Fort- und Weiterbildung
Pastoralreferentin
Allen gemeinsam ist vielleicht die Sehnsucht nach Urlaub, Erholung, nach Weite und Ruhe, nach neuen Eindrücken des so farbenfrohen Lebens sein.