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Das Geheimnis der Verwandlung

Herbstblätter
Datum:
Veröffentlicht: 4.10.22
Von:
HA PP - Michael Schofer
Der Herbst lädt mit seinen leuchtenden Farben und den augenscheinlichen Veränderungen in der Natur ein, über das Thema „Verwandlung“ nachzudenken.

Der Herbst lädt mit seinen leuchtenden Farben und den augenscheinlichen Veränderungen in der Natur ein, über das Thema „Verwandlung“ nachzudenken.

Wenn ich durch die Natur gehe, finde ich bei jedem Wetter immer irgendwas, über das ich staunen kann. Neulich sah ich bei einem Regenspaziergang am Wegesrand den Sproß einer Roteiche am Boden, deren Blätter in wunderbaren Herbstfarben leuchteten, verstärkt noch durch den Wasserfilm auf den Blättern. Ich denke, es ist wichtig, trotz oder vielleicht auch wegen der uns bedrohenden Krisen, das Staunen nicht zu verlernen. Das Staunen erzeugt Freude, eine wichtige Ressource, die uns helfen kann, durch alle dunklen Phasen des Lebens hindurchzukommen. Die Frage ist ja auch nicht, ob es Krisen oder dunkle Zeiten gibt, sondern wie wir mit ihnen umgehen können und wie wir uns in ihnen verhalten.

Was gibt uns die Kraft, Krisen zu meistern, dem Schicksal ins Auge zu blicken? Wir kennen den Satz „In jeder Krise steckt auch eine Chance!“. Er wirkt manchmal paradox oder erzeugt inneren Widerspruch, ist vielleicht sogar ein Ärgernis. Positiv zu denken ist eben nicht immer möglich, wenn die Bedrängnis groß ist. Manchmal mag auch ein Impuls sein „Ich muss doch jetzt etwas machen, tun, damit sich die Dinge zu meinen Gunsten ändern“.

Eine andere Strategie gibt uns die Natur vor, die einlädt, die Dinge nicht im Sinne eines manchmal blinden Aktionismus zu verändern, sondern im Licht von Werden und Vergehen zu betrachten. Die Natur zeigt uns, dass jede Krise ein Übergang ist und jeder Übergang eine Krise ist. Das Alte funktioniert nicht mehr und das Neue ist noch nicht da. Die erste Krise unseres Lebens ist die Geburt – wir müssen aus der Komfortzone des Mutterleibs und es führt kein Weg zurück. Jede Krise in unserem Leben ist wie eine Geburt, bei der es darum geht, das Alte ganz hinter sich zu lassen. Und ja, diese Übergänge sind oft verbunden mit Angst, Schmerzen und Ungewissheit. Aber die Bilder vom Werden und Vergehen, von Wandlung und Verwandlung in der Natur können uns bewusst machen, dass es im Leben darum geht, das Loslassen und Verabschieden zu lernen, damit wir das Wesentliche finden und ergreifen können. Unsere christliche Hoffnung ist, dass jeder Tod zu einer Auferstehung führt, so wie auf jeden Winter ein Frühling folgt, in dem sich das Leben neue Bahn bricht.

Diese Übergänge des Lebens mit Staunen zu betrachten könnte eine Möglichkeit sein, durch Krise und dunkle Zeit hindurchzugehen und in ihr vielleicht sogar Sinn zu finden.