Das Leben feiern vor dem Tod
Vor einigen Wochen war ich in Bistum Magdeburg als Referent zu einer Tagung.
Das Thema der Tagung für Diakone der Bistümer im Osten Deutschlands war "Nicht ohne Widerhall im Herzen".
Besonders beeindruckend waren für mich die Exkursionen zu exemplarischen diakonischen Projekten in Magdeburg und Umgebung. Ich besuchte mit einem Diakon aus Chemnitz einen ambulanten Kinderpflegedienst und ein Kinderhospiz. Gesprächspartner dort waren für uns die Pflegedienstleiterin, eine Frau, die keiner Konfession angehört und nach eigener Aussage eine "Heidi(n)" ist und ein ehrenamtlicher Mitarbeiter, ein katholischer Diplomtheologe. Ich war beeindruckt von der Arbeit dort, von dem Engagement der Leiterin und des Mitarbeiters, von der Empathie in ihrer Begleitung der radikalen Lebenswenden der sterbenden Kinder und deren Familien, von der nie ausgesprochenen aber doch offensichtlichen christlichen Basis, die ich bei der Leiterin und beim ehrenamtlichen Mitarbeiter spüren durfte. Ich spürte etwas von dem Geist Gottes und von seinem Wirken auch dort, wo wir nicht ausdrücklich Kirche definieren und christlichen Glauben feiern. Sie berichteten von einem kleinen Kind, das dem Tod nahe war und von dem Wunsch der (nicht-religiösen) Eltern "Wir möchten noch einmal das Leben feiern, bevor sie stirbt." Das Kind wurde getauft und verstarb kurze Zeit später.
Das Leben feiern vor dem Tod. Für mich war und ist das ein ganz starkes Wort, gesprochen von Menschen, die keinen Religionsunterricht, keinen Katechismus und keine Kirchenbindung haben. Vielleicht geht es in unserem Glauben und in der Entwicklung unserer Gottesbeziehung um das Gespür für dieses Not-Wendige, das sich in den Eltern des sterbenden Kindes in dem Wunsch der Taufe gezeigt hat. Vielleicht geht es in der pastoralen Arbeit nicht so sehr um Mission als vielmehr um das Hinhören, wo Gott schon längst da ist und mit seinem guten Geist wirkt, auch abseits und an den Rändern kirchlicher Milieus.
Diakon Michael Schofer