O Heiland reiss die Himmel auf…

O Heiland reiss die Himmel auf…
Dieses Adventslied bewegt mich zur Zeit. Es heißt nicht „Tu den Himmel auf“ oder „Bewege die Wolken“, es heißt „Reiß auf!“. Dieses Adventsliedes stammt von Friedrich Spee, der diesen Text zur Zeit des 30jährigen Krieges geschrieben hat. Für die Menschen damals eine Katastrophe, unermessliches Leid, ganze Landstriche wurden quasi entvölkert. Seuchen grassierten, Söldnerbanden zogen durch das Land, besonders hart traf es die Landbevölkerung. Kein Wunder also, dass Friedrich Spee so fordernd schreibt „Reiß den Himmel auf!“. Erfahrungen von Leid und Tod fließen ein in das Motiv der sogenannten O-Antiphonen, die an den letzten sieben Tagen vor Heiligabend angestimmt werden und jeweils mit einem „O“ beginnen.
Auch wenn unsere Situation nicht mit dem Leid des 30jährigen Krieges vergleichbar ist, können wir vielleicht angesichts eines wieder unter Corona-Bedingungen stattfindenden Weihnachtsfestes in die 4.Liedstrophe einstimmen „Wo bleibst du Trost der ganzen Welt, darauf sie all ihr Hoffnung stellt?“ Aushalten, warten, sich mit der Situation arrangieren, was bleibt uns sonst übrig. Vielleicht, einmal die dunklen Wolken, die über unserem Gemüt liegen, aufreißen zu lassen vom Heiland und nicht nur das Heil und Heilwerden an äußeren Bedingungen festzumachen sondern den feinen Tau der Gottespräsenz in unserem Leben zu entdecken, manchmal in kleinen Zeichen und Begegnungen: das gute Wort eines Freundes, der unerwartete Anruf einer Freundin, die kleine Geste der Zuneigung und Nähe zwischen „Tür und Angel“. Auch hier kommt uns Gott entgegen und der Himmel bricht auf.
Text: Michael Schofer
Bild: Mara Mannefeld