Wer kennt ihn nicht …

Wer kennt ihn nicht: Nikolaus von Myra. Geboren wurde er um 283 in Patara. Er starb um 348 in Myra.
Kinder lieben ihn, Erwachsene laden einen ehrenamtlichen oder bezahlten Menschen ein, der dann den Kindern „eine Predigt“ halten soll, damit Kinder „gut und brav“ sind. Welche Kinder im vergangenen Jahr gut oder böse waren, soll in einem goldenen Buch stehen.
Ich glaube nicht, dass in irgendeinem Buch steht, welche Kinder gut oder böse waren. Das Buch des Nikolaus ist aus meiner Sicht das Buch des Lebens, des Alltags.
Eine Legende erzählt, wie Nikolaus einem verarmten Vater von drei Töchtern hilft: Der verzweifelte Vater steht kurz davor, seine Töchter „zu verkaufen“, ja in die Prostitution zu schicken. Welch äußere, aber welch innere Not muss der Vater verspürt haben, um eine derartige Entscheidung, einen solchen Schritt zu erwägen?
Diese Not muss Nikolaus umgetrieben haben. Ich kann es mir gar nicht anders vorstellen. Und so hilft Nikolaus, indem er heimlich in der Nacht Goldstücke durch das Fenster wirft. Der Mythos des barmherzigen Helfers und Beschützers, der unerkannt in der Nacht Kinder beschenkt, ist geboren.
Mit Kindern habe ich oft die Legenden von Nikolaus nacherzählt, gespielt und in deren Alltag übersetzt.
Und für uns Erwachsene? Welchen Nikolaus kennen wir?
Was heißt es heute, die innere und äußere Not von Menschen im eigenen Umfeld, im Alltag zu sehen und zu entdecken?
Die Kinder hatten Lust, selbst wie der Nikolaus in ihrem Umfeld, in ihrem Alltag zu sein, der die Not sieht, der sieht, was das Gegenüber braucht. Die Kinder hatten sehr schnell Ideen und Anregungen dazu.
Vielleicht können wir Erwachsene auch selber in unserem Alltag wie der Nikolaus sein. Die äußere Not ist manchmal schnell gesehen. Die innere Not meines Mitmenschen entdecke ich manchmal nur schwer. Dafür könnte ich mir bewusst Zeit nehmen.
Valentin Weller