„Wir werden immer wichtiger“
Festakt zu 40 Jahre Pastoralreferent/innen am 25. April in Bistumshaus, Dom und Universität
Bamberg – Neue pastorale Räume erschließen und die Laien zur Mitarbeit in der Kirche befähigen, das waren zwei der Aufträge, die man den Pastoralreferent/innen aufgab. Damals, 1975, zehn Jahre nach Konzilsende, als der Beruf für die Erzdiözese entwickelt wurde. „Priester formen die Gemeinde von innen, Pastoralreferenten schlagen die Brücke in die Gesellschaft.“ So formuliert es Anne Kurlemann, Ausbildungsleiterin in der Hauptabteilung Pastorales Personal, die damals begleitend in Ausbildung und erstem Dienstjahr tätig war. An den Statuten wurde lange gefeilt, vieles entwickelte sich auch erst in der Praxis. So ergaben sich viele Spielräume. Fünf Pastoralreferent/innen aus der Erzdiözese berichten.
Jürgen Kaufmann, Pastoralreferent in der Cityseelsorge in Nürnberg/ St. Klara, sieht seinen Platz an den „Schnittstellen des Lebens: da, wo etwas zerbricht, wo Menschen nicht mehr weiterwissen. Meine Aufgabe sehe ich auch darin, spirituelle Zugangsmöglichkeiten zu schaffen für Menschen, die mit der herkömmlichen Spiritualität nichts mehr oder noch nicht wieder zu schaffen haben wollen. Oder Menschen, die am Suchen und Zweifeln sind und darin ernst genommen werden wollen.“ Einer seiner Schwerpunkte liegt deshalb in der Trauerseelsorge, die er für St. Klara entwickelt hat. „Damit greifen wir Anregungen von Pfarrern und Therapeuten auf, die ihre Leute gezielt nach ,Klara‘ schicken.“
Anton Baier, Klinikseelsorger am Nordklinikum Nürnberg und am Krankenhaus Martha Maria, sagt über seinen Beruf: „Es war und ist mein Traumberuf. Von 1985 an habe ich Kirche sehr lebendig, kontrovers und bereichernd erlebt. Im Unterschied zu heute: da erlebe ich mehr Rückzugsgefechte und Abgrenzungen, um nicht in Frage gestellt zu werden. Damals durften wir mit großem Vertrauen durch die Geistlichen viel gestalten. Heute verstehe ich mich als Seelsorger, der einen begleitenden Blick für die Menschen in ihrer Beziehung zu Gott hat und in einem Rhythmus von Einsatz und Innehalten wach und aufmerksam bleibt. In Beharrlichkeit und Geduld an einer kleinen Aufgabe zu bleiben und dort in die Tiefe zu wachsen ist wichtiger, als in der Breite an einer Fülle von Aufgaben eher oberflächlich zu schaffen. In den 40 Jahren unserer Geschichte haben wir auch theologisch etwas entwickelt, das auch dem Bild des Priesters zugute kommt. Denn das eigentlich Priesterliche und der Reichtum priesterlicher Vollzüge geht im Zeitdruck des Alltags leicht verloren.“
Für Thomas Höhn, Referent für Gemeindekatechese, Jugendseelsorger im Dekanat Hallstadt/ Scheßlitz und alleinerziehender Vater, bedeutet der Beruf „auch manche einschneidende lebenspraktische Konsequenz“. Seine Aufgabe beschreibt er so: „die wirklich frohe Botschaft weitererzählen, die für uns Menschen ein gelingendes Leben will. Dazu sollten eigentlich alle Christen angetreten sein: dem Leben aufzuhelfen, wo es am Boden liegt, damit es gelingt. Auch wenn ab und an gegen „Glauben light“ polemisiert wird, darf man getrost mit Jesus antworten: Mein Joch drückt nicht und meine Last ist leicht (Mt 11,30).“
Georg Böllner-John ist Referent in der Hauptabteilung Seelsorge und begleitet Studierende im Mentorat Bamberg. „Mir ist wichtig, dass sie einen Freiraum bekommen, in dem sie die an der Uni vermittelte Theologie bei sich, in ihrem Leben und Glauben verorten können. Indem sie ihren Glauben zur Sprache bringen und ausdrücken lernen. Indem sie Bibel und Liturgie als Stütze und Halt erfahren“, sagt er. Dabei greift er auch auf seine eigene Studienzeit zurück: „Elementar waren die Auseinandersetzungen und Gespräche mit Gleichaltrigen über spirituelle und religiöse Themen. Priester, Professoren und Gemeinschaft haben mir eine Kirche vermittelt, die mich in meinen Überzeugungen respektierte und einen Raum anbot, um geistliche Erfahrungen zu sammeln und zu reflektieren.“ Gemeindekatechese heute beschreibt er mit einem Wort des ehemaligen Aachener Bischofs Klaus Hemmerle: „Lass mich dich lernen, dein Denken und Sprechen, dein Fragen und Dasein, damit ich daran die Botschaft neu lernen kann, die ich dir zu überliefern habe.“ Für Böllner-John eine Haltung, die dem Menschen gegenüber noch elementarer eingeübt werden muss.
Monika Tremel, Hochschulseelsorgerin in Nürnberg und promovierte Theologin, hat den Beruf noch nie „so intensiv, herausfordernd und spannend erlebt wie im Moment“. „Wir werden immer wichtiger, für die Gesellschaft, wie für die Kirche“, sagt sie. „Das, was gesamtgesellschaftlich oder auch weltpolitisch derzeit geschieht, gibt jede Menge Steilvorlagen, um als Theologin den Faden des Religiösen aufzunehmen. Deshalb sind wir an den Hochschulen in Fragen zu Religion und Glauben als Kirche präsent.“ Rückblickend auf ihren Berufsstart sagt sie: „Dass Frauen hauptberuflich als Theologinnen in der Kirche arbeiten können, war für mich eine faszinierende und neue Perspektive. Damals gab es an den Unis in Bamberg und Würzburg sehr gute Lehrer, deren Theologie ganze Generationen geprägt hat. Das Klima in der Kirche war geprägt von den Auseinandersetzungen um das Konzil. Einerseits die Liberalisierungen, die man in vielen Bereichen erlebte, andererseits die Rolle rückwärts, die von lehramtlicher Seite immer weiter vorangetrieben wurde. Das macht sichtbar, dass die 40-jährige Geschichte der Pastoralreferent/ innen immer auch eine Konfliktgeschichte war. “
Diese Diskussion fortzusetzen, dazu laden der Erzbischof und das Vorbereitungsteam des Berufsverbands der Pastoralreferent/innen am nächsten Samstag ein.
Quelle: http://heinrichs-verlag.de/index.php?seite=heinrichsblatt;details;3;2900;Wir-werden-immer-wichtiger